Samstag, 11.05.2024, 19:00 Uhr: Verein MakArt im Volkshaus Kandlheim Edlbacherstraße 1, 4020 Linz
Figuren in ein Loch stoßen und ihnen dabei zusehen, wie sie wieder herausklettern. So beschreibt Matthias Kreitner seine Texte.
Nach Jahren der Abwesenheit liest er quer durch die Genres, in Kurzgeschichten, Bühnentexten und vielleicht sogar einem Gedicht, davon, wie Menschen sind, wenn sie sich selbst überlassen werden
und wie sie werden, wenn man sie mit ihren Gedanken in eine Welt schickt, die von anderen erdacht wurde.
Musikalisch unterstützt wird er dabei vom undenkbar talentierten Chili Tomasson.
Matthias G. Kreitner ist Dramaturg und Texter. Seine Texte sind in Anthologien und Literaturzeitschriften erschienen. Er lebt in Linz, wo er seit der Spielzeit 2021/22 am Theater Phönix als Dramaturg tätig ist.
Chili Tomasson schreibt Gedichte, Geschichten und Musik. Bisher veröffentlichte er etliche Studio-Alben, Texte und spielte Konzerte überall in Europa. Er ist Mitglied der Band „Lea’s Apartment“ sowie der Art-Rock/Fusion Formation „The Cinema Electric“. Außerdem schreibt er Musik für die Theaterbühne.
Unter diesem Titel zwei prinzipielle leitende Ideen für dieses Jahr. Erstens will eine interne Logik aufgebaut werden, soll heißen: Die Maske, an der sich Dinge und Aktionen messen, ist jene, die aus den vorhergegangenen Dingen und Aktionen konglomeriert wird und so eine sich aufschichtende Kohärenz zu finden.
Zweitens gilt es, eine Praxis der extern gerichteten Öffnung und Bezugnahme anzustreben. Unter diesem Aspekt können wiederum Dinge und Aktionen auf ihre soziale Komponente und gegen isolierende Tendenzen abgeklopft werden.
[diesjährige yearly themes episode von cortex]
6.6.2022
Nachdem ich es in den vielen Schilderungen in Romanen nur für ein fantasievolles Gerücht, ein Nachweinen früherer Lebens- und Weltlangsamkeit und gleichzeitiges permanenter Abenteuerlichkeit, etc. gehalten habe, aber mit zunehmendem Kontakt mit den gezwungenermaßen Jetsettenden und trotzdem relativ Mittellosen dieser Welt reale Beispiele mitbekommen habe, versuchte ich es nun selbst. Also sitze ich auf meiner Rückreise im Speisewagen.
Natürlich ist die Strecke Wien-Linz für derartige Erlebnisse, wie sie niedergeschrieben passieren oder auf Heimreisen nach ausladenden Abenden in größerer Gesellschaft, zu kurz und auch die Uhrzeit – ich stieg vier nachmittags ein – dem ganzen Unterfangen nicht dienlich. Und so sitze ich hier, lese Gianfranco Calligarich, weil ich den Murakami aus der Bahnhofsbuchhandlung schon auf dem Hinweg durchgebracht habe, trinke Zitronenlimonade und lächle unter meiner Maske den Menschen hinter der Bar zu, entschuldigend, dass ich mich in einer romantisierenden Verwirrtheit hier her, an diesen Ort angeblicher Ereignisse, ganz ohne Ereignis verirrt habe. Allerdings waren die Sitze in der zweiten Klasse wiedermal spärlich.
Diese Notiz habe ich heute in gemacht. Solche kurzen Texte / Einfälle / Geschichten mache ich ab und an, doch fast immer nur dann, wenn ich irgendwie aus dem Alltag gerissen oder gefallen bin. Zuhause passieren mir scheinbar Gedanken anders. Warum diese faux-tagebuchartigen Einträge, die – mal mehr, mal weniger – Allgemeingültigkeit zu besitzen scheinen? Ob es was damit zutun hat, dass ich insgeheim etwas wie Patti Smiths M Train – immer noch ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für mich – schreiben will? Man kann nur spekulieren.
Auf jeden Fall blätterte ich bei dieser Gelegenheit in meinem Buch herum, das dieser Tage größtenteils aus Theaternotizen besteht, und fand folgende sich einzuordnen versuchende Zeilen aus geografischer Herausgerissenheit:
3.4.2022
Ich bin das erste Mal seit Jahren in Bremen, eine Stadt, die ich für mich und mein Selbstverständnis zutiefst mit den entscheidenden Entwicklungsschritten in meinem Denken und damit mit meinem Leben en large verbinde und eine Stadt, die ich trotzdem nur in sehr kleinen Bruchstücken und zerissenen Erinnerungen kenne.
Ich bin hier, um das Leben eines Menschen, der ebenso wie die Stadt entscheidend für mein Selbstverständnis war, zu feiern. Wie zu so vielen, war ich auch zu ihm in den letzten Jahren nicht im Stande, in Kontakt zu bleiben. Deshalb macht mir die Feier etwas Angst.
Aktuell sitze ich also in einem Café und warte, bis ich in mein Hotelzimmer darf. Ich mache mir Gedanken über antike Heldinnen und ihre Bezugspunkte ins aktuelle Gesten. Seit einiger Zeit bin ich abgelenkt von einem Mann, einige Tische vor mir, der aussieht wie ein junger Ralph Fiennes.
[Das Grundkonzept eines yearly theme ist altbekannt, ich folge hier vor allem Myke Hurley und CPG Grey vom Cortex Podcast.]
Nach einem Year of Pattern, in dem ich meine Routinen fokussiert war und einem Year of Building (shit up), in dem es darum ging, diese Routinen nachhaltig zu etablieren – was aufgrund der allgemeinen 2020-ness of it all nur mäßig geklappt hat, will ich ich heuer irgendwo landen.
Einerseits soll das im Berufsleben ein möglichst regelmäßiges und festes Arbeiten möglichst an einem Theaterhaus im Gegensatz zur löchrigen Tätigkeit in freien Produktionen sein. Andererseits möchte ich hier und auch in anderen Aspekten weiter an den patterns schrauben und auf dieser Basis ein stabiles Dasein aufstapeln.
Eine erste Idee war Year of Finding Footing, das hatte aber neben der tonalen Dissonanz auch inhaltlich nur die halbe Münze in sich. Irgendwo während des Herumrollens im Kopf fand ich dann das Ankern als Aktionswort und blieb daran hängen.
Zum ersten Mal habe ich ein volles Jahr durch „Buch geführt“ darüber, was ich gelesen habe. 32 Bücher angefangen und fertig gelesen im abgelaufenen Jahr. Mehr als in vielen davor, weniger als ich mir im März eingeredet hatte.
Einige waren Rereads, das meiste stand viel zu lange im Bücherregal und bei Moby Dick gab ich auch bei diesem Versuch nach den ersten zweihundert Seiten auf, war mir dann aber eine Weile lang als Hörbuch Begleiterscheinung meiner vermehrten Spaziergangsroutine. November ging gänzlich für den vierten oder fünften Anlauf auf 2666. Nachdem ich das Buch mit mir von Wohnort zu Wohnort gebracht habe, seit das englische Paperback rausgekommen ist und nie über den ersten Teil hinausgekommen bin, versuchte ich es nochmal. Immerhin schreibt Patti Smith nur in höchsten Tönen über das Ding. Und diesmal bin ich dran geblieben. In der Mitte war es immer wieder sehr anstrengend, aber es war eine sehr effektive Anstrengung. Ich verstehe immer noch nicht ganz, warum es Patti Smith so wichtig zu sein scheint, aber ich sehe, wieso es in seiner ewigen Dichte ein gutes Leitwerk gibt.
Meine Favoriten waren/sind:
Was sich in vielen Bereichen schon etabliert hat, zeigt sich auch in meinem Leseverhalten. Um einen Rhythmus beizubehalten, brauche ich Routine und ich muss alles für mich dokumentieren. What else is new. Mal sehen, was sich heuer ausgeht, das flüchtige Ziel von einem Buch pro Woche sei hier mal in den Wind geworfen.
In diesen letzten Wochen merke ich: ich schaue wesentlich intensiver und regelmäßiger Livestreams.
Teilweise ist das natürlich den Produktionsumständen geschuldet. Große Teile der Video-Produktion, die meine normale Medienkonsumation ausmacht, ist aufgrund der Situation in ihren regulären Modalitäten – sprich Studios – nicht mehr möglich. Viele stellen deshalb temporär auf Livestreams von zu Hause um.
Solche Livestreams gab es schon zuvor und ich habe auch einige davon live mitverfolgt. De facto gab es für mich dabei allerdings kaum unterschied zu Video on demand. Mit der Einstellung körperlich-sozialer Kontakte wohne ich solchen Livestreams nun mit einer sehr gesteigerten Aufmerksamkeit bei. Vor einigen Tagen kam es soweit, dass zwei Streams parallel liefen.
Noch habe ich keine interessanten Schlüsse daraus, aber ich komme auf einen Begriff aus meiner Disziplin zurück: Präsenz. Hier draußen fehlt sie, also nimmt ihre Relevanz an anderen Orten der Versammlung zu. Vielleicht brauche ich jetzt Streams mit ihren Live-Chats, wo mir zuvor prerecorded videos reichten, weil sie temporär zumindest in Teilen die Funktionen der körperlich-sozialen übernehmen. Es wird sich weisen, ob Live-TV ebenfalls ein Comeback machen wird, für mich ist es immer noch nur ZIB und Tennis.
Das ist sicherlich kein neuer Gedanke.
Vor etwa zwei Jahren ging hier ein großes Redesign über die Bühne. Nach vielen Jahren mit einem relativ simplen 0815-Wordpress-Theme wollte ich weg von der Blog-Ästhetik. Das ist mir optisch damals ganz gut gelungen, strukturell kam ich allerdings aufgrund des zugrundeliegenden WP-backends nie wirklich von der „landing page mit neuesten Posts“ weg. Deshalb war ich von Beginn weg nie komplett zufrieden damit, was ich damals erstgewesen v2 titelte – intern, in meinem Kopf.
Nach mehreren Versuchen, diese Struktur innerhalb des Frameworks aufzubrechen, blieb ich mit meinen sehr geringen Kenntnissen des Codes immer wieder stecken, was die Erkenntnis zu Tage förderte, dass ich eben außerhalb des Frameworks basteln müsste. Mit dem Ergebnis, dass ich die letzten Wochen an einer komplett statischen Website gewerkt habe, die diese hier ablöst.
erstgewesen ist damit nun das, was ich vor zwei Jahren angestrebt hatte: Ein Portfolio meines Werkens, ein Knotenpunkt für alle meine Texte und sonstige (externe) Projekte. Ich habe mich sogar dazu durchgerungen, einige meiner Bilder abzufotografieren und einzubauen. Designtechnisch will ich hier die wunderbare Website von Craig Mod anführen, der vor allem seine vielen Essays präsentiert, das aber in einer sehr simplen und strukturkreativen Weise schafft. Das händische Schreiben von html-Seiten ging ganz gut vorwärts und mit der Zeit kamen die Automatismen, die sich mein dreizehnjähriges Selbst erarbeitet hatte, wieder.
Der/das Blog und das Design von v2 ist aber, wie ihr seht, immer noch hier. v2 gefällt mir immer noch sehr gut, für genau das, was es ist, ein/einen Blog. Und genau diese Funktion wird das hier in Zukunft einnehmen. Hier werden sich (hoffentlich) mit der Zeit journal-entries anhäufen, kurze Texte, Gedanken und Skizzen von Ideen. Nicht mehr Kurzgeschichten oder kulturtheoretische Essays, die haben ja jetzt einen Platz im Portfolio, wo ich sie sehr individuell in Szene setzen kann, wenn ich das möchte. Das hier soll – so der Plan – an eine ältere Blog-Tradition anschließen.
Aus diesen Gedanken heraus kommt auch der neue Name, samt subdomain. Iterationen deshalb, weil das hier eine neue Iteration einer alten, sich entwickelten Instanz ist, aber auch weil sich hier immer neue Iterationen von Gedanken finden werden. Eines meiner großen Themen, mit denen ich mich ständig auseinandersetze, ist die performative Wiederholung, loops und Schichtungen und Anhäufungen von Wissen. iterationen//erstgewesen stelle ich intensiver als zuvor in diesen Kontext, während sich erstgewesen mit v3 etwas herauszieht.
Blogs sind nach wie vor zentrale Knotenpunkte des Internets, wie ich finde. kottke.org ist nach wie vor eine meiner häufigst besuchten Seiten, auch in Zeitalter von social media und repositories wie reddit. Craig Mods Newsletter sind mit die einzigen Emails, auf die ich mich freue. Vor gefühlt einem Jahr löschte ich meinen Twitteraccount. Einen rss-reader verwende ich immer noch. Und wieviele Podcasts ich höre und wieder-höre, kann ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht genau sagen.
Die aktuelle weltweite Situation hat das alles hier etwas beschleunigt, beide Seiten – erstgewesen und iterationen – brauchen bestimmt noch bugfixes und wohl auch Anpassungen im Layout. Aber iterationen gibt mir einen Ort, meine Gedanken auszuformulieren und auf sie zurückzukommen. Hier ist vielleicht auch die passende Stelle, um zu sagen: Nein, das hier hat keine Kommentarspalte mehr. Ich war mit dem Format von Blogkommentaren nie besonders glücklich, weil sie a) zu oft von diversen bots übernommen wurden und b) meistens zu keinem richtigen Austausch geführt haben. Ich freue mich über Kommentare per Email, aber nochviel mehr über pingbacks. Ich vermisse ja auch immer noch video replies auf youtube ca. 2008.
Charing Cross Bridge, 1899-1902 hängt derzeit in einer soliden Monet-Ausstellung in der Wiener Albertina. Es ist das einzige Bild seiner Art in der Ausstellung. Ich bin stehen geblieben in meinem allgemeinen Ausstellung-movens, als ich es sah und ich bin stehengeblieben für gefühlt zwanzig bis dreißig Minuten. (mehr …)
Bevor der Ernst des Herbsts mich wieder in die Fänge bekommt (um nach dem Master Struktur zu haben, habe ich ein Philosophiestudium begonnen, oh Wunder), habe ich mich nochmal für einige Tage Sommer nach Frankreich verabschiedet. Gerade sitze ich in einem Café in Cahors gegenüber von Mirjam von kleinwahnsinn, am Wochenende bin ich dann in Bremen beim tdv.
Mit mir auf dieser Tour ist mein Fotoapparat. Und während ich die Bilder der letzten Woche durchschaute, kam mir eine Idee, die über die Tage mehr und mehr Form angenommen hat.
Ein Bildband, der sich mit Leitungen beschäftigt, die uns heute und gestern und morgen versorgen, vor allem mit Strom, ab und zu mit Wasser. Über die Jahre fand ich die Linien, die wir durch den Himmel und zwischen unseren Häusern ziehen, immer ein spannendes Motiv, weshalb sich eine ganze Menge von solchen Bildern angesammelt haben über verschiedene fotografische Medien verteilt.
Momentan denke ich an plusminus 40-50 Bilder, zu denen jeweils ein kurzer Text kommt. Das wären kurze Szenen, die in etablierter Manier zwischen Anekdote und theoretischen Gedanken changieren. In meinem Kopf heißt das ganze »supply lines« oder vielleicht auch »power lines«.
Redaktionelle Details stehen da erstmal hinten an, im Falle des Falles sagt mein aufgeregtes Projekthirn, dass das auch im Eigenverlag zu bewerkstelligen ist. Erstmal würde ich mich freuen, wenn ihr Input, Begeisterung oder kritische Stimmen zu der Idee hättet.