Bleibt der Bus am Weg in die neue zeitweilige Bleibe in Bremen in Berlin stehen, bleibt man ein paar Tage da und geht ins Theater. Macht man halt so.
Heute sah ich in der Volksbühne die Apokalyse nach Johannes, frisch von Herbert Fritsch inszeniert. Dass das letzte Stück, über welches ich hier schrieb, auch eine Fritsch-Inszenierung war, soll nichts heißen, ich wollte bei all dem Geschrei um die Volksbühne nochmal hin und ein Pollesch ging sich eben zeitlich nicht aus. Und Apokalypse klang ja auch irgendwie situativ passend. Ich bin gerade zurück in meinem Zimmer und schreibe geschwind ein paar Beobachtungen und Gedanken dazu nieder. Nichts hier ist vollständig oder erhebt irgendeinen Anspruch auf ähnliches. Auf geht’s!
Von Beginn weg ist Johannes (gespielt von Wolfram Koch) präsent als Johannes der Nacherzähler, Johannes der Berichterstatter, der quasi gerade aus Marathon angelaufen kommt, seine eigenen Eindrücke schildert (im Auftrage des ausführenden Gottes) und wie es scheint gleich vor den Augen aller in sich zusammenbrechen könnte. Dass ihm Elisabeth Zumpe permanent aus einem großen großen Buch souffliert, bricht diese Erlebnisstruktur nicht, sie erinnert aber, dass das hier Bibel ist und alles hier, so sagt Johannes, Gottes seal of approval hat.
Nachdem ich anfangs ein wenig dieser Struktur nachgehangen bin, ist mir im Verlauf des Stücks dann doch eingefallen an was mich das alles hier erinnerte, mit der leeren neonfarben beleuchteten Bühne, dem storyteller, seiner Einflüsterin und dem DJ, der stets für die passende Soundkulisse sorgte: Was wir hier sahen, war eine keynote.
Johannes ist der Projektleiter und präsentiert den Shareholdern in Zahlen und Bildern den Erfolg der Apokalypse. Dass er dabei scheinbar fluid zwischen den Perspektiven des beobachtenden Menschen, des handelnden Gottes (samt seiner Werkzeuge, sprich Engel) und dessen notwendiger Kehrseite, des Teufels wechselt, ist durchaus notwendig für diese umfassende Präsentation im Stile von Apple und Co. Es geht nur noch zum Teil darum, was passiert ist, ebenso wichtig ist nun, wie und weshalb geschieht. Johannes braucht eine gute Anekdote, um die Zusehenden, alles potentielle Käufer und Käuferinnen von Apokalypse, auf seine Seite zu ziehen.
Das war’s auch schon, vorerst mal. Eigentlich wollte ich nur diese Idee der keynote, die mir ungefähr auf halber Höhe kam und nicht mehr wegging, anbringen. Ich mochte den Abend, alles war schön und gut und mitreißend. Alles was man sich vom Ende der Welt so erwartet. Und als guter Theaterjünger hab ich natürlich nach der Vorstellung ein „Ich war dabei!“-Poster von der alten Volksbühne beim Merchstand besorgt. Und einen Pollesch-Band mit Kapitalismus im Titel. Wäre ja sonst auch nichts.