Es ist uns ein inneres Städteplanen. Ein Häuser mit Tinte vom perlenem Papier kratzen. Ein Aufbauen und Niederreißen, nur um Platz für ein neues Aufbauen zu schaffen.
Das ist die Welt. Und die Welt ist das Chaos, um Büchners Danton zu zitieren. Text ist der Wegweiser, an dem man sich anhalten kann an seinem Weg durch das Chaos der Stadt, die man um sich aufbaut, jeden Morgen, jede Nacht. Er ist die wunderschöne Fassade der Häuser, in denen wir wohnen wollen, und gleichzeitig der alte Parkett in unseren Schlafzimmern. Text ist ein Zuhause.
Wenn wir schreiben, ist es, als würden wir über tausend Zäune in verbotene Gärten klettern und darin unsere Verstecke einrichten. In den Notizbüchern entwerfen wir unsere nächsten Eroberungen. Wenn wir schreiben, richten wir unsere Unterschlüpfe ein, mitten auf den Knotenpunkten von Hauptstädten ganz neuer Nationen.
Der Text ist die Grundfeste ganzer Universen und wie der kleinste Schmetterling bedeutet schon die Wahl des Schreibgeräts Stürme am Zentralbahnhof unserer Stadt. Lachst du? Nein, es ist gut, unsere Städte bleiben uns bestehen, wenn wir uns nur weiter in sie schreiben, wir sind die Barrikaden, auf die wir uns hinaufschreiben sollten.
Die Angst, unsere Städte vermissen uns, wenn wir nicht in sie schreiben, ist unsere immerwährende Begleiterin, die Panik vor dem Ende aller Tintenpatronen ihre beste Freundin. Denn die Mauern von Bleistift halten womöglich den Stürmen am Zentralbahnhof nicht stand, wer weiß das schon?
Drum schenkt uns Tinte und Papier, dann werden wir euch im Vorbeigehen zuzwinkern, wie aus Mitwisserschaft eines Geheimnisses aus einer anderen Stadt, in der ihr nie wart. Und ihr werdet euch freuen über unsere Häuser, frisch vom perlenem Papier gekratzt, nach den Vorstellungen irgendwelcher Wunschträume.
Dieser Text entstand nach Inspiration durch diesen Text von Katharina Peham über das Schreiben.
Kommunikation verläuft auf Bahnen und Bahnen benötigen Schienen.
Nun kann man diese Schienen nur schlecht einen Wert beimessen, der die Kategorisierung in „gut“ und „schlecht“ ermöglicht. Neue Schienen sind nicht besser oder schlechter als die alten, sie erschließen schlichtweg neue Destinationen. Das Kommunikationsnetz wird erweitert, nicht ersetzt.
In meinem Gebrauch hat die wohlkomponierte Email als Äquivalent zum Brief Einzug gehalten. Ich sitze vor dem leeren Fenster von Mail genauso inspieriert, aber hilflos wie an anderen Tagen vor dem leeren Blatt Papier. Was nicht heißt, dass ich den ungeheuren Wert von echtem Papier in den Händen leugne, ich will ihn aber auch der Betreffzeile auf LCD zugestehen. Und ist ein Medium nicht immer das, was wir ihm zugestehen?
Dass dann das gewählte Medium Einfluss auf das Mitgeteilte ausübt, ist viel diskutiert worden, aber heute wohl fester Haltepunkt. Nun kann man aber überlegen, in welcher Weise diese Beeinflussung über die mediale Bühne geht. Gibt es einen gewachsenen Code für Email, Brief und SMS, an den es sich verbindlich zu halten gilt? Muss der sein, um Verständlichkeit am anderen Ende zu garantieren, frei nach Jakobson?
Ich denke, dass das dem Menschen zu wenig Kredit gibt. Natürlich muss ein beidseitig bekannter Code eingehalten werden, aber der Kontext, der kann variieren. Wenn ich meine Emails formuliere wie Briefe, werden sie auch als das verstanden, selbst wenn sie nicht im Kuvert kommen.
Deswegen denke ich auch nicht, dass der so genannte „digitale Slang“ der Alltagssprache entgegenwirkt, sie ohne Rücksicht auf Verluste degeneriert. Vielmehr fügt er ihr eine weitere Variante hinzu. Wie diese Variante aufgenommen wird, hängt schließlich von vielen Dingen ab, von denen der verwendete Code nur ein verschwindend geringes ist.
So wie in meiner Heimatgemeinde derzeit über eine neue Art von Straßenbahn, die frei von fixem Fahrplan und Liniennetz agieren soll, nachgedacht wird, sollte auch über eine Öffnung, einer Freimachung von Kommunikationsnetzen gesprochen werden. Sprachliches Unverständnis, welches abseits von Nicht-Beherrschung des Codes existiert, resultiert wohl aus eingefahrenen Streckenführungen, die sich so sehr in den Boden gefressen haben, dass nur noch mit äußerster Mühe über ihren Rand gesehen werden kann. Da erfordert es ein wenig Anstrengung von allen Beteiligten, neue Verbindungen aufzubauen. Denn bevor die Sprache von ihrem Medium gelöst werden kann, sollte der Boden der Verständnis zumindest durchgeackert sein.
Bislang beschränkt sich mein Benutzen von der kolportierten Netzsprache offline darauf, das Netz um des Arguments willen nachzubauen, ich benutze Akronyme und Memes, um einen Effekt hervorzurufen. Dieser ist einerseits wohl der Deplatziertheit geschuldet, die dieser Internetjargon außerhalb seiner Jagdgründe aufweist, andererseits seiner inhärenten Anschaulichkeit geschuldet. Für mich ist Netzsprache vor allem eine sehr bildhafte Sprache, die schon durch ihr simples Auftreten Raum für Multimedialität aufruft und so verschiedene Reize unter ihrem Banner vereint.
Hier treten die größten Übertrittsschwierigkeiten in den Alltagsraum auf: Diese Bildlichkeit in die mündliche Kommunikation zu übersetzen, stellt zumindest mich vor konzeptuelle Probleme, an denen es zu sägen, hämmern, graben gilt, mit einem Ziel, das da heißt Codeflexibilität. Mögen die Codes in den Loks sitzen!
Dieser Text will Teil von twenty.twentys Blogparade zum Thema Netzsprache sein.
northwards bound flies the seagull
northwards bound flies my heart
flying both away together
flying both home to theirs
still, heart! you’re here when needed,
made the long way seem so short –
and the seagull still floats about
above the widest ocean air.
nach Theodor Storms „Die Möwe und das Herz„.
Da dies mein erster Stint in die Übersetzung ist, wäre ich über Gedanken dazu recht dankbar.
Schon eine Stunde vor Einlass in den Kinosaal war das Schikaneder in Wien voll, als gestern Abend das Filmdebüt von Katharina Braschel und Chili Tomasson über die Leinwand ging. Und zurecht.
„Ebenda“ setzt an, scheinbar den Alltag einer radikalen Gruppierung von Träumern um die ominöse Capitana Élise auf ihrem Weg zu Ebenda, einem Kunstwort und einer Art paradiesischen Friedenszustand, zu zeigen. Mit Fortschreiten des Films löst sich dieser Alltag jedoch in einer Reihe von Episoden auf, bei denen die Grenzen dieser Realität immer weiter ausgedehnt werden. Man stellt die Vermutung an, dass man nun in einem von Capitana Élise initiierten Kollektivträumen angekommen ist, dabei verschwimmen allerdings nicht nur die Grenzen zwischen Traum und Realität, auch innerhalb des Traumes scheinen die einzelnen Träumer ihre Verstecke gefunden zu haben, zu denen sie uns nun für einen Moment Zugang gewähren. Dabei trifft man auf die verschiedensten Tätigkeiten, denn deutlich wird, alle Szenen zeigen unheimlich aktive Menschen, auch wenn sie in einer Badewanne liegend gezeigt werden.
Die beiden Filmschaffenden haben einen Modus für ihren Film gefunden, der die Träume ohne solchen Sequenzen sonst oft anlastenden Kitsch zeigt, unterstützt von einem hervorragenden Soundtrack werden die Episoden recht nüchtern aber mit viel Acht aufs Detail gelebt. Dass der Film gänzlich ohne gesprochene Dialoge auskommt, unterstützt die Verwirklichung dieser Visionen noch zusätzlich; in Träumen muss man schließlich nicht reden, die Figuren wissen ohnehin, was sie sich zu sagen haben. Und wenn ein Film 54 Minuten ohne Text auskommt ohne Längen zu zeigen oder unverständlich zu werden, spricht das auch Bände für ihn.
Erstaunlich ist die klare Bildsprache: Ob nun in der Betrachtung eines Kunstwerkes oder dem meditativen Umschütten von Reis, der Film bringt es fertig, eine Ruhe auszustrahlen, ohne jemals passiv zu werden. Das die Traumcollage von einem ausdrucksstarken Ensemble getragen wird, das den beiden Köpfen von „Ebenda“ und sich sichtlich vertraut, macht es möglich neben dem Kollektivraum der Wohnung, in der jeder Traum seine Ecke hat, einen zweiten Faden durchgängig durch den gesamten Film zu ziehen, was der Interpretation der Einzelszenen im Zusammenhang zugute kommt.
Allen, die sich beim Filmschauen gerne Gedanken machen, kann ich „Ebenda“ wärmstens empfehlen, es ist ein langsamer Film, der seine Strukturen und Geheimnisse erst nach und nach Preis gibt, doch das gehört zu seinem Appeal. Die beiden Verantwortlichen liefern auf jeden Fall ein starkes Debüt ab, dass sich abseits von Kurzfilmgenrenormen bewegt und trotzdem nicht zum unverständlichen Arthousemovie wird. Man darf gespannt auf mehr sein!
Wer „Ebenda“ noch auf der großen Leinwand sehen will, hat vorerst noch am 30.10. die Chance, wenn der Film seine Salzburg-Premiere im daskino feiert. Ansonsten kann man ihn auf DVD erstehen, ebenso wie den ausgezeichneten Soundtrack. Meiner Meinung nach wird sich die Investition leisten, ich habe schon jetzt das Gefühl, noch neue Details am Weg nach Ebenda zu finden. Außerdem findet sich in der DVD die dem Film zugrundeliegende Kurzgeschichte, die dem Ganzen ein wenig Kontext verleiht. Ich würde allerdings empfehlen diesen Text erst nach Ansehen des Films zu lesen, so kann sich erst der richtige Aha-Effekt einstellen.
Ebenda-Premiere in Salzburg, daskino
Mit zwei guten Augen
In den Wald gehen
Und eines verlieren
Wer bin ich denn noch
Wenn ich keine Blume
Wiedererkenne?
Nun nehme ich mich wahr
Als was ich nicht seh,
Ärgerlich schreien sie
Die Blumen im Wind
Und so hör ich nur sie
Mich verschwemm‘ ich hell.
Man schreibt einen Brief und weiß nicht, wohin damit. Denn es fehlt die Adresse.
Worte brauchen ein Ziel, sonst verkümmern sie auf der Suche nach jemanden, der sie liest. Und irgendwann geht die Welt dann unter in toten Worten, von denen niemand je gehört hat.
Man ist versucht, den Brief einfach in die Welt zu schicken, doch leider kommt ein Brief ohne Empfänger bei niemandem an. Er bleibt für immer gefangen in irgendeiner Ledertasche irgendeines Postlers, immer in Gesellschaft von irgendwelchen Briefen mit Destination, er aber für immer allein.
Worte brauchen Intension, denn sind sie grundlos, können sie nichts bewirken. Niemand lauscht Sätzen ohne Sinn. Solche Wortketten bleiben zurück, denn keiner kann sie verstehen. Man muss Marken aufkleben, sonst lassen sie deine Zeilen liegen.
Man muss den Brief adressieren und frankieren. Dann kommt er auch an. Ich gehe jetzt Briefmarken kaufen.
„Adressiert und frankiert“ erschien ursprünglich im Kopftheater
Ich ging meine Runden.
Meine Runden und fand
eine Bleiche so hell
so wie die tiefste Nacht,
still wie ein Morgengruß.
Ich ging meine Runden
und sah eine Ruhe
die jeder kennt, aber
niemand lange erträgt.
Ich ging meine Runden,
sie würden stets kleiner.
Ich zog meine Kreise um sie,
die so sanfte Strenge.
Ich ging meine Runden
und suchte ohne mich
das Idealbildnis
der idealen L.
Eine Viertelstunde … nur eine Viertelstunde, sagen Sie?
…
Beim Arzt sind Sie gewillt, zweienthalb Stunden in einem Wartezimmer zu sitzen und Zahn-arzt-zeitschriften zu lesen, … Nur weil es um Ihre Ge-sund-heit geht.
…
Aber auf die Liebe, … auf die Liebe sind Sie nicht gewillt, länger als eine Viertelstunde zu warten. Verstehe ich Sie richtig?
Sie kommen hier herein und wollen sofort bedient werden? Fast-Food-Liebe, das wollen Sie. Wenn man lange genug hungert, … scheißt man irgendwann auf Nachhaltigkeit, sagen Sie. Wollen hier wohl Ihre neueste Heißhungerattacke stillen?
…
Was soll denn das?!
…
Gehen Sie jetzt bitte weiter.
Hook war der erste Film, den ich ohne Diskussion mit meinem Bruder anschauen konnte, da wir ihn beide gleichsam großartig fanden, was auch nachher nur noch selten der Fall war, und als die VHS-Kassette ob der Dauerbelastung das letzte Uhrticken im Magen des Krokodils von sich gegeben hatte, waren wir sehr begtrübt und in der Folge lange nicht mehr so friedlich beim Auswahlprozess für das gemeinsame Heimino.
Der große Peter Pan meiner Kindheit blieb dann längere Zeit die einzige Rolle, in der ich Robin Williams wahrnahm, Jumanji sah ich zwar, konnte ich aber erst viel später wertschätzen. So blieb er in meinen Gednken lange gebucht auf lustige Kindheitshelden. Erst als wir im Englischunterricht, ich war wohl fünfzehn oder sechzehn, Dead Poet Society zu sehen bekamen, eröffnete sich mir eine ganz neue Welt, eine Welt mit Robin Williams als kongenialen Charakterdarsteller und Mentor in ihr. Es muss nicht gesagt werden, wie begeistert ich war, aber sein Unterricht war neben dem meiner Deutschprofessorin wohl entscheidend für meine eigene Beschäftigung mit Literatur und in weiterer Folge meiner Entscheidung selbst schreiben zu wollen. Bis heute wünsche ich mich in eine literarische Geheimgesellschaft.
Seine Position als liebevoller, aber bestimmter Mentor einer ganzen Generation festigte er für mich weiter in Good Will Hunting, eine Rolle, für die wohl mehr als den einen Oscar verdient hätte. Ob aus seinem einzigartigem Humor oder aus seiner ernsthaftigen Gütigkeit, die er jedem einzelnen seiner Charaktere verlieh, ich lernte überall unglaublich viel von ihm. Vor allem zeigte er, dass Komik nicht ohne Menschlichkeit, Ernsthaftigkeit aber auch nicht ohne manchen Witz auskommen kann. Diese Mehrgestaltigkeit der Existenz hat es leider auch in seinem eigenen Leben außerhalb jeder Rollle gegeben, wie sich jetzt auf schrecklicher Weise offenbarte. Es ist unendlich traurig, dass er, der so vielen Charakteren und durch sie tausende Zuschauer tröstend die Hand auf die Schulter legte und ihnen Auswege aus der Dunkelheit wies, für sich selbst nur diesen einen, endgültigen fand.
Es bleibt nur, seine Botschaften weiterzutragen und sein Andenken hochzuhalten, auf dass er uns weiterhin Lehrer und Mentor sein möge. Seine Lieblingsfilme wieder auszupacken, kann da nur ein Anfang sein.
Um meinen kurzen Text zu beenden, wie heute alle Texte enden sollten:
Oh captain, my captain, wir vermissen dich schon jetzt.
Läuten Sie,
Lassen Sie läuten.
Lauter
Läuten.
Klingelt es?
Kommen Sie,
Klingeln.
Klopfen Sie?
Ist da jemand
An einer Tür?
Nein, läuten
Ohne Tür,
Selbstbewusst.