Fensterschein
ist laut und klein (fern)
war einmal schön
und ungeputzt
Bis der Mann kam
auf Befehl
Zeitungsseiten
bis das Dräußere
wieder war
(wahrgenommen)
Die Doppelfenster glänzen nicht
Atemluft bleibt wie Ruß
kleben
Draußen ruft es laut nach dir
Sehe durch und sieh
dich kleben
Ein Ruf, ein Schrei, am Eichenbaum
deine Haare kleben
Du rennst.
Zwei Personen gehen eine Straße entlang, eine davon, die kleinere, schlägt mit dem Zeigefinger an die Sprossen des fortlaufenden Zauns.
Die Größere: Könnten Sie das bitte lauter machen?
Die Kleinere: Was soll ich?
Die Größere: Lauter! Das wäre schön. Ihre Schlagstockmusik erleichtert mir meine Gedanken.
Die Kleinere: Ich werde mich bemühen. Aua.
Die Größere: Haben Sie sich verletzt? Das sind meine Gedanken beigott nicht wert. Lassen Sie es lieber.
Die Kleinere: Eine kurze Pause. Für den Finger und den Kopf.
Die Größere: Ja, ruhen Sie Ihr Instrument aus, für den nächsten Akt. Meinen Kopf kann ich aber nicht abstellen, das wäre fatal.
Die Kleinere, zu sich: Aber schön.
Die Größere: Meinen Sie?
Die Kleinere: Wahrscheinlich schöner als mein Fingerlärm. Erzählen Sie mir doch von Ihren Gedanken!
Die Größere: Nein. Das kann ich nicht, wirklich, das geht nicht!
Die Kleinere: Gut, wenn es Ihnen gefällt will ich gleich wieder beginnen.
Die Größere summt zum Rythmus der Kleineren.
Die Kleinere: Klack, klack, klack. … Klack, klack.
Die Größere: Könnten Sie das bitte lassen? Sie regen meine Gedanken an.
Die Kleinere: Oh, ja. In Ordnung.
Die Personen gehen weiter. Die Größere ist nun die Kleinere. In ihrem Kopf schlägt der Zaun bereits zurück.
Geht fort, geht weg
Bleibt für immer
Denkt fortweg nach
will ja nicht sehn (sich)
Alte Maschine (im Abverkauf)
bleibt unurbar
und dadurch gut
unter dem Hammer
seiner Zeit nichts wert
Spaziergangsindustrie
Das Theater, die Bretter, die die Welt bedeuten. Die ursprünglichste Wahrheit, die größte Lüge.
Für Toma war es irgendwas dazwischen. Er lebte auf der Bühne, durch die Bühne, er blühte auf der Bühne auf. Erst wenn er spielte, strahlte er, sagten die Zeitungen über ihn, sonst sei er ein unscheinbares Pflänzchen. Für die Außenwelt, so erklärte er, existiere er nur, wenn er spiele.
Doch er ahnte auch, dass es nicht so einfach war. In Wahrheit lebte auch die Bühne durch ihn, zehrte ihn aus, jeden Abend zweieinhalb Stunden. Sie ernährte sich von der Zeit, in der er jemand anderes war. Eine Symbiose, die hinkte.
Er war Toma Tuczeric, das Gesicht des kleinen Theaters beim Fluss. Wenn immer von dem Haus gesprochen wurde, in welchem Zusammenhang auch immer, fiel sein Name. Ihn kannte man, zumindest in Kreisen. Er war Ziel von Lob, doch das konnte ihn nicht freuen. Denn er wusste, dass es zwar auf ihn zugeschnitten war, ihm aber in Wirklichkeit nicht galt. Wie konnte es auch, war er doch in Wirklichkeit nicht greifbar.
Er hätte einen sicheren Platz im hiesigen Bühnenhimmel, hieß es, und doch rannte er durchgehend, auf der Suche.
Denn er wusste, dass es abhängig war, eine erschreckende, existenzbedrohende Abhängigkeit war sein Alltag, die Abhängigkeit von guten Worten, war jene, die niemand verstehen konnte. Weder das Publikum, noch der Barkeeper, bei dem er nach Vorstellungsende manchmal sitzen blieb.
Ob Worte hier gewesen waren, fragte er dann immer. Was er bekam, war ein volles Glas und einen verständnislosen Seitenblick.
Aber nur hier waren Worte zu finden und Worte brauchte er immer ohne Pause. Also nahm er einen Schluck und hörte zu, tage-, wochenlang, bis er ein Versprechen hörte. Die Worte waren für ihn, was er für die Bühne war. Er verehrte die Großen, die hier selten ihre Stimme laufen lassen. Und dann lachten sie, wenn er ihr Werk zu bewerkstelligen suchte. Nicht, dass er scheiterte, er meisterte es nur schlechthin nicht, denn sein Meisterwerk hatte er noch nicht gefunden. Und genau vor diesen Worten hatte er Angst.
Man hatte ihm so oft versichert, dass sie von ihm abhingen, dass er es zu glauben begann. Aber wenn sie ihn brauchten, dann atmete er sie. Sie zahlten sein Täglichbrot, er ihr Papier und ihre Tinte. Sie waren Götter, er ihr Prediger.
Und als solcher musste er ihnen opfern, um zu überleben.
Doch hatte er seinen Gott noch nicht gefunden, er hatte sich noch nicht offenbart. Weshalb ihm nur die Klassiker überblieben, deren Staub er regelmäßig aufwirbelte.
Toma wollte keine Klassiker mehr modernisieren. Er wollte eigene Klassiker errichten. Aber dazu brauchte er einen Apoll, er konnte nur Pythia aus Delphi sein.
Noch ein Glas brachte der Wirt dem Symbionten, bevor er zusperrte und beide heim gingen.