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Konzerte, Kaputzenwesten und Kollaboration archiv// Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Semi-regelmäßig hat es geheißen.

Wer meinen hilflosen instastories (ein Medium, dem ich was abgewinnen kann, das ich allerdings noch nicht sehr kunstvoll und produktiv beherrsche, hence ‚hilflos‘) folgt, weiß schon, dass ich gestern bei Ghostpoet im Flex war.

Grundsätzlich war es toll, ein solides Konzert mit solider Stimmung im Publikum.

Es war aber auch aus einem anderen Grund gut. Für mich entdeckt habe ich Ghostpoet vor einigen vielen Jahren, während ich meine beste Freundin, die damals als Aupair in einem Städtchen an der britischen Küste jobbte, besuchte und im Zuge dessen ein paar Tage alleine durch London strawanzte. Ich erinnere mich, dass ich in der flagship-Filiale von Allsaints am Spitalfields Market stand und mich von einer sehr begeisterungsfähigen Musikerin turned Klamottenverkäuferin für eine schrecklich überteuerte Kaputzenweste begeistern ließ, als auf einem Screen die für Allsaints eingespielten Basement Sessions von Survive it vom gerade erschienenen ersten Album gespielt (Diese Sessions sind auch gut.) Ich fand ihn gleich spannend, ließ mir die Weste andrehen und verfolgte seine Karriere seitdem on off. Gestern kam ich irgendwan im Laufe des Konzerts mit gewisser Nostalgie drauf, dass ich die schrecklich überteuerte Kaputzenweste anhatte.

Warum schreibe ich aber jetzt über das Konzert, außer, um festzuhalten, dass es ein gutes war? Weil mich das Konzeert gestern an Momente wie jene Tage in London erinnert hat. Mümente, in denen Zuversicht, Motivation und Glück einer grundlegenden Situationsüberforderung trotzen, ja, vielleicht braucht es sogar diese latente momentante Überforderung (beispielsweise alleine in London herumzuirren), um plötzlich und für den Augenblick von den hunderten Möglichkeiten, die man sieht und die sich auftun, überzeugt und mitgerissen zu sein. Man sieht etwas oder jemanden, der etwas kann und tut und weiterbringt, und anstatt in seiner Begeisterung dafür zu erstarren, kommt einem die Überzeugung, darauf, also auf dieses Tun, aber auch auf diese Begegnung aufbauen zu können.

Das waren Momente des Begeistertseins und des Inspiriertseins von der bloßen Existenz anderer Menschen und ihrem Tun. Damals in London habe ich diese Menschen und Momente genauso gefunden wie bei den ersten Berlin-Besuchen oder zwischen den Regalen bei Shakespeare & Co in Paris und eigentlich überall, wo ich war. (In Wien tue ich mir oft schwerer damit, was ich jetzt aber mal der Routine zuschreibe.)

Gedanke: Runtergebrochen geht es hier ums networking.

Zweiter Gedanke: Networking ist jetzt aber wohl eines der grauslichsten Schlagwörter und Zustandsphänomene, die der neoliberale Spätkapitalismus so hervorgebracht hat. („Du Netzwerk bist die Repräsentation des Kapitalismus!“, mehr oder weniger O-Ton aus Polleschs Kill Your Darlings)

Dritter Gedanke: Irgendwo liegt ein widerständiges Potenzial begraben im Unterlaufen der kapitalistischen Notwendigkeit zu immerforten Vernetzungsbeschreitschaft, die sowohl über ein bloßes Verweigern als auch ein Umscheiben des Netzwerkes zum Kollektiv hinausgeht. Möglicherweise liegt dieses Potenzial in der Multiplikation der Individuen hinein in eine ständig noch-zu-bildende und sich-gerade-bildende Masse oder auch nur in der Motivation und Begeisterungsfähigkeit, welche vom Kennenlernen subversiv-produktiver Einzelne*r ausgeht. Genau weiß ich das noch nicht, auch nicht, worauf ich damit hinaus will. Aber darüber habe ich während dem semi-rythmischen Hinundherwankens meineseits zu Ghostpoet im Flex nachgedacht. (Falls noch jemand im Äther mein Theoriesein infrage gestellt hat.)

Auf jeden Fall will ich dazu was machen, schreiben, tanzen, arbeiten. Die Form ist mir jetzt noch unklar und damit natürlich eine Vielzahl.

Ansonsten: Nächste Woche geht läuft das imagetanz an. Es wird bestimmt toll, aufregend und spannend, also kommt, sagt hallo und kollaboriert mit mir. Oder mit jemand anderem. Wie ihr wollt.

Grüße,

M

ghostpoet im flex, 21.2.2018

iterationen ist mein digitales journal.

Iterationen deshalb, weil das hier eine neue Iteration einer alten, sich entwickelten Instanz ist, aber auch weil sich hier immer neue Iterationen von Gedanken finden werden.